15 Fragen an... Jürgen Freund, Chief Procurement Officer B. Braun Melsungen AG
Auf welche Leistung in Ihrem Einkauf sind Sie besonders stolz?
Unseren Einkäufern ist es gelungen, eine gute Beziehung zu unseren Bedarfsträgern aufzubauen, ohne dass wir das bisher offiziell Business Partnering genannt haben. Dadurch haben wir grundsätzlich eine große Offenheit für den Einkauf im Unternehmen. Das spiegelt sich auch in unserer Strategie 2020 entsprechend wieder.
Was ist für Sie die größte Herausforderung in Ihrem Einkauf?
Verständnis für unsere Fokusthemen Qualität, Verfügbarkeit, Risikomanagement, Innovation und Kosten bei allen im Unternehmen zu haben und zwar so, dass die Gewichtung bei jeder einzelnen Einkaufsstrategie immer so gewählt wird, wie wir sie im Unternehmen benötigen. Das dann mit dem Angebot auf dem Markt in Einklang zu bringen, ist am Ende die hohe Kunst des Einkaufens. Dafür ist nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Bedarfsträger essenziell, sondern auch und vor allem seine Zusage, unseren Sourcingteams die erforderliche Ressource und Kompetenz aus dem Fachbereich bereitzustellen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren Einkäufern am meisten?
Sich auf die kommenden Veränderungen und Herausforderungen einzulassen, diese aktiv aufzugreifen und im Sinne des Unternehmens zu gestalten. Hierbei geht es bei uns wesentlich um die erfolgreiche Umsetzung unserer Strategie 2020.
Wenn Sie einen Wunsch für Ihren Einkauf frei hätten, welcher wäre das?
Den Ergebnisbeitrag des Einkaufs auf einfache Weise für alle Beschaffungsvorgänge transparent machen zu können. Im Produktionsmaterial-Umfeld und bei Wiederholbedarfen ist das mittlerweile gut machbar, bei Individualbedarfen, bei Dienstleistungen und bei Investitionen aber mitunter immer noch herausfordernd.
Was war Gegenstand Ihrer ersten Verhandlung?
Ich erinnere mich daran, dass ich schon in meiner Kindheit Zubehör zu HiFi-Anlagen gekauft und auch immer wieder verkauft habe. Da wurde natürlich in beiden Fällen immer verhandelt.
An welche Verhandlung erinnern Sie sich besonders gerne?
An die, die bei den Beteiligten im Unternehmen keinen Verhandlungsspielraum aufzeigten. Ich erinnere mich z.B. an eine Vergabe mehrerer Verpackungsmaschinen. Der Produktionsleiter hatte dem Hersteller den Kauf bereits zugesagt. Wir konnten durch gute Vorbereitung und Abstimmung der Rollen im Team dennoch einen substanziellen Wertbeitrag erzielen, nicht nur beim Anschaffungspreis, sondern auch für Komponenten für den Betrieb, die Wartung und die Optimierung der Anlagen.
Bei welcher Verhandlung wird Ihnen heute noch Angst und Bange?
Bei keiner mehr. Allen Verhandlungen ist eins gemeinsam. Ausgiebige Vorbereitung und eine gute Strategie führen nachher in der Zusammenarbeit mit dem Lieferanten auch zu exzellenten Ergebnissen.
Was macht einen guten Einkaufsleiter aus?
Der gute Einkaufsleiter ist neugierig und offen, stellt Bestehendes immer wieder in Frage, hat Freude daran Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, und ist ein guter Zuhörer. Er identifiziert Talente, unterstützt seine Mitarbeiter "unbequem" zu sein. Damit meine ich, die Mitarbeiter zu motivieren, immer zu hinterfragen, ob das, was angefordert wird, wirklich das ist, was gebraucht wird, und am Ende das Beste für das Unternehmen ist. Das ist zu Anfang sicher nicht leicht, schafft aber bei den Bedarfsträgern am Ende Akzeptanz und Vertrauen.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit als Einkaufsleiter am meisten?
Ein hohes Maß an gestalterischer und unternehmerischer Freiheit zu haben, verbunden mit der Erwartung, einen substanziellen Beitrag zum Unternehmensergebnis zu leisten.
Was ist Ihre Lieblingswarengruppe?
Ich habe keine ausgesprochene Lieblingswarengruppe. Herausfordernd sind für mich die Warengruppen, die per se zunächst wenig Potential bieten. Das sind einerseits die, die schon immer in der Verantwortung des Einkaufs liegen und daher auch regelmäßig professionell bearbeitet wurden. Andererseits die, bei denen der Einkauf erst jetzt in die Verantwortung kommt, Beispiel Managementberatung.
Was kaufen Sie privat am liebsten ein?
Alles das, was das Leben lebenswert macht und meinen Interessen nachkommt. Beispielsweise einen qualitativ guten Wein mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis finden, Musik und immer wieder auch eine technische Spielerei dazu.
Sind Sie privat eher ein Einkaufsmuffel oder eher ein Shopaholic?
Weder noch. Aber ich bin zunächst emotional unterwegs. Glücklicherweise erinnere ich mich aber dann meist an "Einkaufshebel", die auch privat genutzt werden können.
Wie sind Sie zum Einkauf gekommen?
Durch ganz konkretes Interesse an dieser Funktion. Der Einkauf ist eine der wenigen Funktionen im Unternehmen, in der man derartig vielfältig tätig sein kann. Die Vielfalt hat mich bis heute begeistert.
Einkauf ist… (bitte vervollständigen Sie diesen Satz)
... die Funktion eines jeden Unternehmens, die in Zusammenarbeit mit den Bedarfsträgern in allen Bereichen einen erheblichen Wertbeitrag leisten kann. Es ist gleichzeitig auch die Funktion, die noch große Potentiale heben kann, die bislang nicht oder nur bedingt genutzt wurden.
Wenn Sie nicht Einkaufsleiter wären, wer würden Sie gern sein?
Die Frage stellt sich womöglich erst mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben. Ich könnte mir dann sehr gut vorstellen, noch mal Geschichte zu studieren.
Wir bedanken uns für das Gespräch, Herr Freund!