Verantwortung übernehmen – Nachhaltige Beschaffung für eine umweltfreundlichere Wirtschaft

Die öffentliche Beschaffung konzentriert sich auf die gesamten Prozesse, durch die öffentliche Einrichtungen, Behörden, Kommunen oder staatseigene Unternehmen Produkte und Dienstleistungen beschaffen. Die Beschaffungsaktivitäten machen einen maßgebenden Anteil am Gesamtwirtschaftsvolumen aus, weshalb sie eine hohe wirtschaftliche Bedeutung tragen. Durch ihre zentrale Rolle in der Wirtschaft ist sie dazu verpflichtet, nachhaltige Prinzipien in ihre Prozesse zu integrieren, um langfristig positive soziale und ökologische Ergebnisse zu erzielen. Einenachhaltige Beschaffung fördert nicht nur den Klima- und Umweltschutz, sondern setzt sich auch für faire und sichere Arbeitsbedingungen und für die Unterstützung der lokalen Wirtschaft ein. 

Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz umfasst das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Beschaffung in Deutschland rund 500 Milliarden Euro, wodurch sie einen erheblichen Anteil am Erwerb von Produkten und Dienstleistungen ausmacht. Im Vergleich sind die Kommunen die größten Akteure der öffentlichen Beschaffung von Waren und Dienstleistungen. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass sie Aufgaben übernehmen, die die Bürger direkt betreffen, wie die Bereitstellung von Schulen, öffentlichen Verkehrsmitteln und sozialen Dienstleistungen. Zu den vielfältigen Gütern, die für die öffentliche Verwaltung beschafft werden müssen, zählen bspw. Bürogeräte, Strom, Papier, Möbel, Dienstfahrzeuge, medizinische Geräte, etc. (Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz)

 

Status quo des öffentlichen Sektors: Emissionsprofile und ökologische Belastungen

Im Zuge der öffentlichen Beschaffung entsteht eine hohe Menge an Treibhausgasemissionen. Im Jahr 2006 waren Bund, Länder, Kommunen und öffentliche Unternehmen für Treibhausgas-Emissionen von 42,8 Megatonnen (Mt) Kohlendioxidäquivalent (CO2e) verantwortlich.Dies entspricht ca. 4 % aller Emissionen in Deutschland. Die Verteilung dieser Emissionen, die direkt oder indirekt durch die Beschaffungsaktivitäten des öffentlichen Sektors entstehen, lautet wie folgt:

Emissionen öffentlicher Sektor
  • Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden: 23,5 Mt CO2e 
  • Transportmittel und Mobilität: 5,7 Mt CO2e., darunter ÖPNV mit 3,1 Mt CO2e
  • Wasserver- und -entsorgung: 7,6 Mt CO2e
  • Indirekte Emissionen durch die Produktion von Baumaterialien: 6 Mt CO2e

(Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit)

 

 

 


Diese hohen Zahlen zeigen deutlich die Relevanz für die Beschaffung nachhaltiger Güter, wie bspw.

  • energieeffiziente Heizungs- & Kühlungssysteme zur Reduzierung des Energiebedarfs
  • Elektrofahrzeuge bzw. emissionsarme Transportmittel für weniger CO2-Ausstoß im Verkehr
  • energieeffiziente Technologien für die Wasserver- und -entsorgung, um den Stromverbrauch durch Kläranlagen und den CO2-Ausstoß durch Abwasserbehandlung zu senken
  • umweltfreundlichere Materialien, wie recycelte Baustoffe, zur Verringerung der indirekten Emissionen für Bauprojekte

 

Innovatives Beschaffungsmanagement für mehr Umweltbewusstsein

Die Bausteine der umweltbewussteren Beschaffung

Das Konzept der nachhaltigen Beschaffung basiert auf den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit. Im Zuge dessen können folgende Bausteine der umweltfreundlichen Beschaffung umgesetzt werden:

DIMENSIONENBAUSTEINE
Ökologie

- Minderung der Treibhausgasemissionen durch die Nutzung von emissionsarmen Technologien und Fahrzeugen sowie die Implementierung von erneuerbaren Energien

- Energieeffizienz durch die Beschaffung & Nutzung von energieeffizienten Produkten, wie solarthermische Anlagen zur Warmwasseraufbereitung

- Ressourcenschonung durch die Auswahl von Produkten mit bspw. recycelten Materialien oder langer Lebensdauer

- Einsatz von umweltfreundlichen Materialien, die aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt sind und/oder Recyclingfähigkeit und Wiederverwendbarkeit fördern

Ökonomie

- Langfristig reduzierte Kosten aufgrund von Investitionen in energieeffiziente Technologien

Soziales

- Faire und sichere Arbeitsstandards bei der Produktion der beschafften Güter, indem Menschenrechte gewürdigt und internationale Arbeitsnormen umgesetzt werden

- Förderung der lokalen Wirtschaft, da lokale Lieferanten und Unternehmen favorisiert werden, um die ökonomische Entwicklung vor Ort zu unterstützen

- Förderung von Lieferanten, die auf faire Arbeitsbedingungen und Löhne setzen

 

Relevante Treiber von Nachhaltigkeit im Beschaffungsmanagement

Die Integration von nachhaltigen Strategien in die Beschaffungsmechanismen des öffentlichen Sektors ist mehr als nur eine gesetzliche und ethische Verpflichtung. Sie bietet zahlreiche Vorteile und basiert auf vier zentralen Treibern: 

  1. Kosten- und Risikoreduzierung: Durch die Implementierung von energiesparenden Technologien bzw. Materialien können langfristig Kosten, bspw. für Wartung und Energie reduziert werden.
  2. Umweltschutz: Produkte, die umweltfreundlich und sozialverträglich sind und einen langen Produktzyklus haben, schonen das Klima, reduzieren Emissionen und schützen natürliche Ressourcen. 
  3. Reputation und Compliance: Indem die öffentliche Beschaffung nachhaltigere Praktiken in ihre Prozesse integriert, kann sie sowohl den gesetzlichen Vorschriften gerecht werden, als auch ihr Ansehen verbessern.
  4. Nachhaltige Vorbildrolle: Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in sämtliche Aktivitäten der öffentlichen Beschaffung, kann Verbrauchende dazu ermutigen, ebenfalls umweltfreundlichere Produkte zu konsumieren. 

 

Kriterien für Nachhaltigkeit

Um der Bezeichnung „nachhaltige Beschaffung“ gerecht zu werden, müssen folgende Kriterien beachtet werden:

Kriterien Nachhaltige Beschaffung
  • Festlegung von klaren Richtlinien & Standards bzw. Umwelt- und Sozialkriterien in Ausschreibungsunterlagen und Vergabeverfahren
  • Kontinuierliche Überwachung & transparente Offenlegung der Nachhaltigkeitsleistungen, Fortschritte & Auswirkungen
  • Partnerschaften mit Lieferanten und weiteren relevanten Interessengruppen, um nachhaltige Strategien und Innovationen zu entwickeln
  • Schulung aller Beteiligten bzw. Verantwortlichen im Beschaffungsprozess zur Bildung eines nachhaltigen Bewusstseins

Im Kontext der nachhaltigen Beschaffung spielen verschiedene regulatorische Richtlinien eine entscheidende Rolle, die die Einhaltung der Nachhaltigkeitsprinzipien für einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Dazu gehören:

  • EU-Vergaberichtlinien, die die Integration von Umwelt- und sozialen Kriterien in die Vergabeverfahren durch öffentliche Auftraggeber regeln, um umweltfreundliche Entscheidungen im Beschaffungsprozess zu fördern. 
  • Umweltgesetze, welche Standards definieren, die bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen berücksichtigt werden müssen, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. 
  • Arbeitsrechtliche Bestimmungen, deren Fokus auf fairen Arbeitsbedingungen und der Einhaltung von Arbeitsnormen im Herstellungsprozess liegt. 
  • Transparenzvorschriften, die sich auf die Berichterstattung und Offenlegung von Daten in Bezug auf sämtlichen Entscheidungen und Handlungen der Beschaffung durch die öffentliche Hand konzentrieren. 

Alle relevanten ESG-Vorschriften auf einen Blick

Die Bedeutung der EU-Richtlinie 2014/24/EU für nachhaltige öffentliche Beschaffung

Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung spiegelt sich in den gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien wider. Die Richtlinie 2014/24/EU hebt die Bedeutung der Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialkriterien sowie der Innovation in der öffentlichen Beschaffung hervor. Sie ermutigt öffentliche Auftraggeber dazu, bei der Vergabe von Aufträgen nicht nur den Preis, sondern auch qualitative, umweltbezogene und soziale Aspekte zu berücksichtigen. Dies ermöglicht eine umfassendere Bewertung der Angebote und trägt zur Förderung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen bei.

Die relevantesten Forderungen der Vergabeverordnung (VgV):

Lebenszykluskosten

Öffentliche Auftraggeber sind dazu verpflichtet, alle Kosten eines Produkts bzw. einer Dienstleistung zu berücksichtigen, die im gesamten Lebenszyklus anfallen. Diese umfassende Kostenbetrachtung soll dazu beitragen, dass finanzielle Ressourcen optimal genutzt und nachhaltigere bzw. wirtschaftlichere Entscheidungen getroffen werden. Zu den anfallenden Kosten gehören bspw. Kosten für die Anschaffung, den Betrieb, die Wartung und die Entsorgung.

Umweltzertifikate

Die Vergabeverordnung fordert außerdem die Nutzung von Umweltzeichen und -zertifikaten, die von anerkannten Organisationen vergeben werden. Dies steigert die Transparenz für Verbraucher und hilft dabei, die Nachhaltigkeit eines Produkts bzw. einer Dienstleistung nachzuweisen. Diese Umweltzertifikate stehen unter anderem für die Priorisierung von umweltfreundlichen Alternativen und die Reduzierung der Umweltbelastungen. Sie zeigen, dass der öffentliche Auftraggeber einen expliziten Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet.

Technische Spezifikationen

Öffentliche Auftraggeber sollen technische Spezifikationen festlegen, die umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen bevorzugen, um somit nachhaltige Standards einzuhalten. Ziel ist die Förderung des Einsatzes umweltfreundlicher Produkte, die Schaffung von Anreizen für die Entwicklung und Nutzung nachhaltiger Technologien und die Vermeidung von Green Washing. Die technischen Spezifikationen umfassen, bspw. den Energieverbrauch, die Emissionswerte des Herstellungsprozesses und die Materialzusammensetzung.

Transparenz

Öffentliche Auftraggeber müssen sämtliche Prozesse, Aufgabenbereiche und Entscheidungen, die sich in ihren Beschaffungsprozessen etablieren, klar und transparent dokumentieren und kommunizieren. Dies umfasst das Veröffentlichen von:

  • Kriterien für die Bewertung von Angeboten
  • Entscheidungsgründen
  • geplanten Aufträgen
Gleichbehandlung

Diskriminierung und unfaire Praktiken während des Vergabeverfahrens sind strikt untersagt. Es wird verlangt, dass alle Bewerber gleich behandelt werden, sodass Fairness und Chancengleichheit gewährleistet werden kann.

Verhältnismäßigkeit

Öffentliche Auftraggeber sollen ihre geforderten Qualifikationen bzw. ihre Auswahlkriterien für die Zuschlagserteilung so formulieren, dass sie nicht übermäßig restriktiv sind und in einem angemessenen Verhältnis zum Auftragsgegenstand stehen. Dies soll gewährleisten, dass der bestmögliche Anbieter gefunden werden kann, der den Bedürfnissen und Zielen des Auftrags entspricht.

Öffnung des Wettbewerbs

Öffentliche Aufträge müssen offen ausgeschrieben werden. Dies regt einen fairen Wettbewerb an und stellt sicher, dass die qualifiziertesten Angebote für den Auftrag gefunden und ausgewählt werden können. Hier wird die Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) besonders berücksichtigt, da diese häufig Unterstützung benötigen, um an öffentlichen Vergabeverfahren partizipieren zu können.

Elektronische Kommunikation

Durch eine effiziente Digitalisierung der Vergabeabwicklung wird diese nicht nur beschleunigt, sondern es können auch Fehler reduziert und die Transparenz erhöht werden.

Neben den Forderungen der Vergabeverordnung wurden auch strategische Umweltkriterien definiert, die das Ziel verfolgen, die Umweltbelastung durch öffentliche Beschaffung zu minimieren. Dabei spielt die Ressourceneffizienz, Emissionsreduktion und die Verwendung von nachhaltigen Materialien eine besondere Rolle.

 

Gemeinsam für Nachhaltigkeit: Partnerschaften & Schlüsselakteure für einen innovativen Einkauf

Für die Förderung von nachhaltigen Beschaffungspraktiken im öffentlichen Sektor spielen zahlreiche Schlüsselakteure wie die Allianz für Nachhaltige Beschaffung (AfNB) oder das Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung (KOINNO) eine maßgebende Rolle. 

  • Allianz für Nachhaltige Beschaffung (AfNB): Diese Plattform vereint verschiedene Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um Best Practices im Bereich der nachhaltigen Beschaffung zu etablieren. Die AfNB unterstützt den Austausch von Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen sowie die Zusammenarbeit von öffentlichen Auftraggebern und Lieferanten, sodass nachhaltige Strategien für sämtliche Beschaffungsprozesse entwickelt und verbreitet werden können.
  • Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung (KNB): Die KNB stellt eine zentrale Anlaufstelle für öffentliche Auftraggeber dar und bietet Beratungs- und Schulungsleistungen sowie auch wirksame Tools an, um die Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten in Beschaffungsprozesse zu erleichtern. Dadurch kann sie effizient zur Erhöhung der Wirksamkeit der öffentlichen Beschaffung beitragen.
  • Kompetenzzentrum Innovative Beschaffung (KOINNO): KOINNO fördert den Einsatz neuer Technologien und Lösungen durch öffentliche Auftraggeber und unterstützt dabei, innovative Produkte und Dienstleistungen auf der Basis von nachhaltigen Kriterien zu identifizieren und zu bewerten. So kann das Kompetenzzentrum öffentliche Auftraggeber bei der Umsetzung innovativer Beschaffungsprojekte unterstützen und die öffentliche Beschaffung zukunftsfähiger gestalten. Als erfahrene Beratungsagentur sind wir selbst Inhaber des Zertifikats, was unser Engagement für zukunftsorientierte Beschaffungslösungen zeigt. 

 

Wir unterstützen Sie bei der Erreichung von Ihren Nachhaltigkeitszielen

Um eine nachhaltige Beschaffung gewährleisten und die betrieblichen Prozesse umweltfreundlicher gestalten zu können, müssen öffentliche Auftraggeber einen strategischen Ansatz verfolgen. Unser Ansatz geht über die bloße Berücksichtigung der Umweltkriterien hinaus und umfasst alle relevanten Schritte zur erfolgreichen Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien:

Bedarfsanalyse

Bedarfsanalyse: Zu Beginn sollte der Bedarf optimal an die Nachhaltigkeitsaspekte angepasst werden. Dies erfordert auch die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien in der Produktbeschreibung.

Einkaufsmarktanalyse

Einkaufsmarktanalyse: In einem weiteren Schritt bedarf es einer detaillierten Analyse der Anbieter. Diese sollten anhand ihrer Kompetenz und Leistungsfähigkeit verglichen und bewertet werden, wobei insbesondere ihre Beiträge zur Nachhaltigkeit und ihre Zertifizierungen eine maßgebende Rolle für den Entscheidungsprozess spielen.

Vergabestrategie

Vergabestrategie: Im weiteren Verlauf muss eine wirksame Vergabestrategie entwickelt werden, die sowohl qualitative, umweltbezogene und soziale Zuschlagskriterien integriert, als auch Lebenszykluskosten beachtet, um langfristig nachhaltige Entscheidungen treffen zu können.

Lieferantenauswahl

Lieferantenauswahl: Durch die Anwendung einer Nachhaltigkeits-Wertungsmatrix können alle Angebote objektiv bewertet werden. Dabei werden sowohl die Lebenszykluskosten als auch externe Kosten einbezogen, um die langfristigen Auswirkungen der Beschaffung analysieren zu können. 

Vertragliche Verankerung und Nachhaltigkeitsüberwachung

Vertragliche Verankerung und Nachhaltigkeitsüberwachung: Zum Schluss müssen sämtliche Nachhaltigkeitskriterien in die Verträge integriert werden. Außerdem muss ein effizientes und kontinuierliches Monitoring gewährleistet werden, welches überprüft, ob die Kriterien während der gesamten Vertragslaufzeit eingehalten werden. 

Benötigen Sie Unterstützung bei der Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in die öffentliche Vergabe? Wir helfen Ihnen gerne.

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