10-Praktiker-Tipps für eine präzise statistische Absatzprognose

Veröffentlicht als Fachartikel in "Brauwelt Online" am 05.11.2024

 

In einer zunehmend dynamischen und wettbewerbsintensiven Getränkeindustrie ist die Fähigkeit, zukünftige Absätze präzise vorherzusagen, für Brauereien und Abfüller von entscheidender Bedeutung. Die statistische Absatzprognose ist ein zentrales Instrument, das historische Verkaufsdaten, saisonale Muster und zusätzliche Kennzahlen wie Wetterdaten und Markttrends nutzt, um fundierte Vorhersagen über den zukünftigen Absatz zu erstellen.

Getränkeindustrie

Eine genaue Absatzprognose hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette in der Getränkeindustrie. Von der Bedarfs- und Produktionsplanung über die Lagerhaltung bis hin zur Vertriebsstrategie – die Genauigkeit der Prognose beeinflusst nahezu alle Geschäftsbereiche. Fehlerhafte Vorhersagen können zu Überbeständen, verpassten Verkaufschancen oder ineffizienter Nutzung von Ressourcen führen, was letztlich die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens schwächt und Auswirkungen auf Qualität und Frische der Produkte haben kann.

Die Komplexität der Absatzprognose in der Getränkeindustrie nimmt weiter zu. Verschiedene Faktoren wie saisonale Schwankungen im Konsumverhalten, Markttrends, Promotion-Aktionen und externe Einflüsse wie Wetterbedingungen oder wirtschaftliche Indikatoren müssen berücksichtigt werden. Da sich die Marktdynamik ständig verändert, ist eine flexible und anpassungsfähige Prognosemethodik unerlässlich. In diesem Artikel stellen wir Ihnen zehn praktische Tipps vor, mit denen Sie die statistische Absatzprognose in Ihrem Unternehmen optimieren können. Diese Tipps basieren auf bewährten Methoden und decken die wichtigsten Aspekte der Prognose ab – von der Sicherstellung der Stammdatenqualität über die Auswahl geeigneter statistischer Modelle bis hin zur kontinuierlichen Verbesserung des Prognoseprozesses.

Ziel ist es, Ihnen konkrete Ansätze und Werkzeuge an die Hand zu geben, um die Genauigkeit Ihrer Absatzprognosen zu erhöhen und so die Grundlage für fundierte Geschäftsentscheidungen in der Getränkeindustrie zu schaffen.

Stammdatenqualität sicherstellen

Tipp 1

Eine präzise Absatzprognose in der Getränkeindustrie beginnt mit sauberen und vollständigen Stammdaten. Es ist unerlässlich, die wichtigsten Datenpunkte zu identifizieren und regelmäßig auf Vollständigkeit und Genauigkeit zu prüfen. Besonders relevant sind dabei die Produktstammdaten, die Informationen wie Produkttyp (z.B. Bier, Mineralwasser, Softdrinks), Kategorie (z.B. alkoholisch, alkoholfrei) und Abfüllgröße umfassen. Ebenso wichtig sind die Kundenstammdaten, die Informationen über Verkaufsstellen (z.B. Supermärkte, Gastronomiebetriebe) und geografische Regionen beinhalten. Schließlich spielen die Verkaufsstammdaten eine entscheidende Rolle; hierzu zählen Vertriebskanäle (z.B. Direktvertrieb, Großhandel), regionale Zuordnungen und Preisinformationen. Es ist essenziell, Inkonsistenzen, Duplikate und fehlende Datenfelder systematisch zu untersuchen und zu bereinigen. Ein zyklischer Prozess zur regelmäßigen Datenüberprüfung und -bereinigung sollte etabliert werden, um eine dauerhaft hohe Qualität der Stammdaten sicherzustellen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Absatzprognosen auf einer stabilen und verlässlichen Datengrundlage basieren und somit fundierte Entscheidungen für Produktion und Vertrieb getroffen werden können.

Klassifizierung der Absatztypen

Tipp 2

In der Getränkeindustrie erfordern unterschiedliche Absatztypen spezifische Prognosemethoden. Es ist daher wichtig, verschiedene Absatztypen zu klassifizieren, wie z.B. den Basisabsatz, absatzsteigernde Promotionsaktionen oder saisonale Schwankungen im Konsumverhalten. Moderne Algorithmen können erkennen, ob Absatzveränderungen auf Promotionen, saisonale Einflüsse oder Konkurrenzaktivitäten zurückzuführen sind, oder ob sie Teil einer allgemeinen Absatzentwicklung sind. Durch eine gezielte Klassifizierung lassen sich diese Einflüsse differenzieren und die Prognosegenauigkeit deutlich verbessern.

Klassifizierung der Absatzcharakteristika

Tipp 3

Durch eine Klassifizierung der Absatzcharakteristika wie z.B. Trends oder Saisonalität lassen sich im folgenden Schritt die am besten geeigneten Prognosemethoden ermitteln. So gibt es Prognosemethoden, die sich besonders für die Schätzung auf Basis eines stabilen, steigenden, fallenden oder saisonalen Absatzes eignen. Neben der Klassifizierung des Absatzverlaufs ist auch die Analyse der Absatzregelmäßigkeit sinnvoll. Auch hier gibt spezielle Prognosemethoden für die Schätzung auf Basis von Absatzverläufen mit besonders unregelmäßigen Absatzzeitpunkten bzw. -mengen. Während Software-Tools oft eine erste Klassifizierung vornehmen, bleibt es die Aufgabe des Fachbereichs, diese zu verifizieren und anzupassen.

Methodenauswahl

Tipp 4

Die Auswahl der passenden Prognosemethoden ist entscheidend für die Genauigkeit der Prognose. Je nach Charakteristik des Absatzverlaufs eignen sich unterschiedliche Methoden. Eine Auswahl an je nach Absatzcharakteristik passenden Methoden ist in Tabelle 1 aufgestellt. Es empfiehlt sich, verschiedene Methoden zu testen und die Genauigkeit anhand des Prognosefehlers zu quantifizieren. Die bekannten historischen Absätze werden dabei in einen Trainingsabschnitt und einen Testabschnitt aufgeteilt. Alle infrage kommenden Prognosemethoden werden auf den Trainingsabschnitt so angepasst, dass sie bestmögliche Ergebnisse liefern. Ihre Prognosegüte wird dann auf dem Testabschnitt ermittelt. Die Methode mit der höchsten Prognosegüte wird ausgewählt.

3 Spalten und 5 Zeilen
AbsatzverlaufAbsatzklassifizierungMethoden (Auswahl)
Gleichbleibender AbsatzKonstantGleitende Durchschnitte, einfache exponentielle Glättung, ARIMA
Steigender bzw. fallender AbsatzTrendLineare Regression, doppelte exponentielle Glättung (Holt), ARIMA
Saisonal steigender bzw. fallender AbsatzSaisonalität (und Trend)Multiple lineare Regression, dreifache exponentielle Glättung (Holt-Winters), SARIMA
Unregelmäßiger AbsatzUnregelmäßigCroston Methode, Bootstrapping, Bayes Methoden
(Tabelle 1)

 

Parameteroptimierung

Tipp 5

Viele Prognosemethoden erfordern die Einstellung spezifischer Parameter. So müssen bei Methoden mit exponentieller Glättung die Glättungsfaktoren für den Trend bzw. die Saison eingestellt werden. Eine automatische Optimierung dieser Parameter (z.B. auf dem Trainingsabschnitt) kann dabei helfen, die Vorhersagegenauigkeit zu verbessern. Wichtige Parameter wie der Betrachtungszeitraum oder die Gewichtung neuerer Daten sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden.

Aggregation vs. Disaggregation

Tipp 6

Die Aggregationsebene hat einen erheblichen Einfluss auf die Prognosegüte. Höhere Aggregationsebenen bieten oft eine höhere Prognosegüte, dafür aber nur ein übergeordnetes Bild. Prognosen auf detaillierteren Ebenen bieten hingegen mehr Einblick in spezifische Teilbereiche, haben aber auch eine geringere Prognosegüte. Es ist wichtig, das benötigte Planungslevel zu kennen und die Prognoseebene entsprechend auszuwählen.

Einbezug externer Datenquellen

Tipp 7

In der Getränkeindustrie können externe Datenquellen wie Wetterdaten, wirtschaftliche Indikatoren oder Konsumtrends wertvolle Zusatzinformationen für die Absatzprognose liefern. So beeinflussen z.B. Wetterdaten direkt den Konsum von Erfrischungsgetränken oder Bier, während wirtschaftliche Indikatoren Aufschluss über die Kaufkraft und das Konsumverhalten der Kunden geben. Der Einbezug solcher Daten über die historischen Absätze hinaus ermöglicht eine präzisere Modellierung und Vorhersage zukünftiger Absatzverläufe.

Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Tipp 8

Künstliche Intelligenz (KI) kann Zusammenhänge erkennen, die für Menschen nicht offensichtlich sind. So kann KI beispielsweise erkennen, dass der Absatz eines Produkts abhängig vom Absatz eines Komplementärprodukts ist. Gerade bei großen Datenmengen können so Zusammenhänge erkannt und sinnvolle Schlussfolgerungen gezogen werden. Durch die Kombination von historischen Daten, Stammdaten und externen Informationen kann KI die Prognosequalität erheblich steigern.

Messung und Analyse des Prognosefehlers

Tipp 9

Eine fortlaufende Überwachung der Prognosegenauigkeit ist unerlässlich, um Prognosefehler zu identifizieren und zu adressieren. Für die Messung der Prognosegenauigkeit stehen verschiedene Metriken zur Verfügung. Der MAPE (Mean Absolute Percentage Error) misst den mittleren absoluten Fehler in Prozent und kann somit unabhängig von der Skalierung eingesetzt werden. Der MAD (Mean Absolute Deviation) bestimmt den mittleren absoluten Fehler und gibt Auskunft über die Größenordnung des Fehlers. Der MSE (Mean Squared Error) gibt den mittleren quadrierten Fehler an und gewichtet so größere Fehler stärker als kleinere Fehler. Abhängig von Absatzcharakteristika und Ziel der Prognosegütemessung muss hier die richtige Metrik gewählt werden. Darüber hinaus ist die Analyse des strukturellen Fehlers, also der kontinuierlichen Über- oder Unterschätzung des Absatzes, mittels Tracking-Signal sinnvoll. Eine regelmäßige Analyse dieser Fehler hilft, Prognosefehler zu erkennen und zielgerichtete Maßnahmen zu definieren, um diese zu reduzieren.

Kontinuierliche Verbesserung

Tipp 10

Die statistische Absatzprognose ist kein statischer Prozess. Basierend auf den Erkenntnissen aus der Fehleranalyse sollten regelmäßig Anpassungen vorgenommen werden. Eine kontinuierliche Beobachtung und das Einführen von Schutzmechanismen, sogenannten Guardrails (Leitplanken), helfen dabei, auf Unregelmäßigkeiten schnell zu reagieren und die Prognoseprozesse langfristig zu optimieren. In der Getränkeindustrie ist die statistische Absatzprognose entscheidend, um im wettbewerbsintensiven Marktumfeld erfolgreich zu bestehen. Sie ermöglicht präzise Planungen, optimiert die Ressourcennutzung und verbessert dadurch die operative Effizienz sowie die Marktposition eines Unternehmens. Die zehn Praktiker-Tipps in diesem Artikel bieten eine solide Grundlage zur Verbesserung der Prognosegenauigkeit speziell für die Getränkeindustrie. Der Ausgangspunkt ist die Sicherstellung der Stammdatenqualität durch sorgfältige Analyse und Bereinigung. Die korrekte Klassifizierung der Absatztypen ist ebenso wichtig, um die passenden Prognosemethoden auszuwählen. Neben klassischen Verfahren wie gleitenden Durchschnitten oder ARIMA sind moderne Ansätze, wie der Einsatz von KI und die Einbindung externer Datenquellen, besonders wertvoll. Auch die richtige Balance zwischen Aggregation und Disaggregation spielt eine zentrale Rolle, um das passende Detailniveau zu erreichen. Die kontinuierliche Messung und Analyse der Prognosefehler sowie regelmäßige Anpassungen sind unerlässlich, um die Genauigkeit langfristig zu steigern.

Zusammengefasst erfordert die Absatzprognose in der Getränkeindustrie stetige Anpassungen und Optimierungen. Durch die Umsetzung der beschriebenen Tipps können Unternehmen ihre Prognosen präzisieren und fundierte Geschäftsentscheidungen auf eine solide Datenbasis stellen.

 

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