Signifikante Einsparpotentiale identifizieren

Vorstände und Geschäftsführer konfrontieren ihre Einkaufsleiter regelmäßig mit Fragen zum Einkaufsverhalten. Etwa wo man denn noch sparen könne und wie hoch das Potenzial sei? Im Idealfall gibt es darauf sofort belastbare Antworten und es kommen auch sogleich Fakten auf den Tisch. Doch das alles fällt nicht einfach vom Himmel, sondern ist erst zu erarbeiten. Zum Beispiel mithilfe einer Potenzialanalyse, die entweder das gesamte Einkaufsvolumen oder ausgewählte Warengruppen umfasst und überprüfen soll, ob eine Ausschreibung für die betrachteten Warengruppen sinnvoll ist und wenn ja, mit welchen Erfolgschancen. Da sich solche Analysen mehr oder weniger intensiv durchführen lassen, sind sie demnach auch geprägt von unterschiedlicher Präzension und Aussagekraft.

Durch profunde Potentialanalysetypen den Einkauf optimieren

Die grobe Potentialanalyse etwa beruht auf der Erfassung des Einkaufsvolumens mit Indikatoren, wie „Höhe der Ausgaben“, „Anzahl der Artikel“, „Anzahl der Lieferanten“ sowie auf Interviews mit den Einkäufern über bestimmte Einsparhebel. Unter Einbezug von Werten aus der Vergangenheit werden die möglichen Einsparungen geschätzt. Liegen keine Erfahrungswerte vor, wird die Höhe der Einsparungen durch ein „qualifiziertes Bauchgefühl“ quantifiziert, in dem die Teammitglieder aus Einkauf und Fachbereichen die Höhe der Einsparungen pro Hebel schätzen.

Die Potentialanalyse mit Teilfundierung erweitert die grobe Analyse schon um einen internen Benchmark: den Vergleich von Artikeln innerhalb einer Warengruppe und gegebenenfalls den Vergleich der Einkaufspreise der Artikel an verschiedenen Standorten.

Die 100 Prozent fundierte Potentialanalyse ist die Kür unter den Einspar-Analysen, wohl auch die verlässlichste und präziseste Variante, da sie die zuvor beschriebenen Ansätze umfasst und zudem durch externe Benchmarks komplettiert sowie Einsparpotenziale und Umsetzungspläne priorisiert und quantifiziert.

Abbildung 1: Übersicht Potentialanalyse: Zusammenfassung der drei Varianten grob, teilfundiert und 100-prozentig

Erster Schritt: Basis für Fakten schaffen

Um gleich zu Beginn einen soliden Unterbau zu schaffen, sollte das Unternehmen zunächst das gesamte Einkaufsvolumen erheben und die Warengruppen mithilfe einer ABC-Analyse priorisieren. Anschließend sind die priorisierten Warengruppen genauer zu betrachten. Die Beantwortung der sieben W-Fragen soll dabei unterstützen: Wer kauft was von wem, in welcher Menge, zu welchem Preis, wann und über welchen Prozess ein? So einfach sie erscheinen, sind diese Fragen dennoch ein effizienter Leitfaden zur Erfassung aller relevanten Informationen – wenn die Prozessbeteiligten sie auch ernsthaft beantworten.

Für die anschließende Priorisierung der Artikel für die Quantifizierung des Einsparpotentials eignen sich prinzipiell zwei Kriterien: Repräsentativität und Einkaufsvolumen. Bei der Priorisierung repräsentativer Artikel pro Warengruppe geht es darum, anhand weniger Artikel die Warengruppe in ihrer Komplexität und Fragmentierung „repräsentativ“ abzubilden. Das hat seine Tücken. Denn ein hohes Einsparpotential von Artikeln mit geringem Einkaufsvolumen bewirkt wenig bei der Preisbildung der gesamten Warengruppe. Also ist die Priorisierung nach Einkaufsvolumen in der Regel vorzuziehen. Sie fokussiert so genannte „einsparpotentialentscheidende Artikel“ mit einem hohen Einkaufsvolumen. Damit wird das Einsparpotential identifiziert, das für die Preisbildung der gesamten Warengruppe entscheidend ist.

Sind die Warengruppen erhoben, strukturiert und die Artikel nach Volumen priorisiert, ist ein noch umfassenderes Verständnis aufzubauen. Die mit der Warengruppe arbeitenden Mitarbeiter aus dem Fachbereich, Forschung & Entwicklung, Produktion und Einkauf usw. sollten in einem bereichsübergreifenden Team ihr weiteres Wissen über die Warengruppe zusammentragen. Zu den dann relevanten Fakten zählen die bisherigen Einkaufspraktiken und Einsparmaßnahmen genauso wie die Spezifikationen von Artikeln in technischen Datenblättern, Zeichnungen und bereitgestellten Mustern sowie die zukünftig erwartete Entwicklung der Warengruppe. Mit dieser Teamarbeit ist eine solide Wissensbasis für den zweiten Schritt geschaffen.

Zweiter Schritt: quantifizieren und Umsetzung planen

Zur Quantifizierung des Einsparpotentials sind zwei externe Benchmarks bei alternativen Lieferanten einzuholen: die Konditionen für aktuelle und für die optimierten Spezifikationen. Mit diesen Benchmarks sind zwei entscheidende Hebel für Einsparungen abgeklopft.

Die Konditionen werden in einem vereinfachten Anfrageverfahren eingeholt. Die bestehenden Lieferanten bleiben ausgespart, da das Ziel der Analyse darin besteht, festzustellen, ob es im Vergleich zur Ist-Situation Einsparpotenzial gibt.

Wurden im Rahmen der Anfrage signifikante Einsparpotentiale für die priorisierten Artikel identifiziert, sind diese auf das Einkaufsvolumen der gesamten Warengruppe hochzurechnen. Je nach Komplexität sind dabei Sicherheitsabschläge für die übrigen Artikel vorzusehen. Welche Variante der verschiedenen Potentialanalysen nun die geeignete ist, ist fallweise zu entscheiden. Die verlässlichste Variante ist sicherlich die 100-prozentig fundierte Analyse.