Externe Lager: Entscheiden Sie sich für eine Lagerausschreibung oder Eigenverwaltung?

Einzelhändler und insbesondere E-Commerce-Unternehmen müssen ein reibungslos funktionierendes Lagersystem aufweisen, um einen schnellen und ordnungsgemäßen Versand der Ware zu gewährleisten. Daher stehen Unternehmen vor der Entscheidung zwischen einer Eigenverwaltung des Lagers oder einem externen Lager. Je nach Wachstum und Arbeitsaufwand eines Unternehmens, ist es eventuell sinnvoll, einen externen Dienstleister zu beauftragen. 

Was sind externe Lager?

Entscheidet sich ein Unternehmen für ein externes Lager, bedeutet dies, dass es die Lagerprozesse an einen spezialisierten externen Lagerdienstleister abtritt. Dabei gibt es verschiedene Modelle, bei denen ein Unternehmen unterschiedlich große Anteile an Eigenleistung miteinbringt:

Extern betriebenes Lager

Ein Unternehmen hat eine Immobilie gekauft oder gebaut und nutzt einen externen Lagerdienstleister für definierte Lagerprozesse.

Oder

Ein Unternehmen mietet eine Immobilie oder eine Halle und nutzt einen externen Lagerdienstleister für definierte Lagerprozesse.

Externes Lager

Nicht das Unternehmen, sondern der beauftragte Lagerdienstleister ist Eigentümer der Immobilie.

Aufgaben eines externen Lagerdienstleisters

Die Aufgaben des eingesetzten Lagerdienstleisters sind vorab klar zu definieren. Folgende Aufgaben sind möglich:

  • Warenannahme, Sichtung, Einbuchung
  • Lagerhaltung: Lagerung der Ware unter Berücksichtigung aller Anforderungen (bspw. temperierte Lagerung) und Umlagerungen
  • Versandarbeiten und Verpackung, bspw. 
    • Auftragsbearbeitung (Kommissionierlisten, Lieferscheine)
    • Kommissionierung der Ware
    • Displaybau/Konfektionierung
    • Verpackung der Ware
    • Bereitstellung der Ware
    • Elektronische Avisierung bei Kunden/Zeitfensterbuchung
  • Zollabwicklung
  • Retourenbearbeitung, bspw. Retourenannahme und -klassifizierung
  • Entsorgung von Abfällen

Eigenverwaltung oder Externe Lager im Vergleich

Kosten

Der Aufbau und die Verwaltung eines eigenen Lagers sind mit hohen Investitionskosten für die Immobilie, Ausstattung, Technologie und vielem mehr verbunden. Diese Kosten fallen bei einem externen Lager nicht an. Um die Frage zu beantworten, ob sich eher die Eigenverwaltung oder ein externes Lager lohnt, sollte ein Kostenvergleich durchgeführt werden.

Aufwand

Bei einem externen Lager bzw. bei einem extern betriebenen Lager wird die Durchführung von ausgewählten Lagerprozessen an den Dienstleister abgegeben. Dadurch wird das eigene Personal entlastet und das Unternehmen kann sich wieder verstärkt auf Wachstum und das Kerngeschäft konzentrieren.

Kontrolle

Entscheidet sich ein Unternehmen dazu, die Durchführung der Lagerprozesse abzugeben, gibt es gleichzeitig auch die Kontrolle der Prozesse an den Dienstleister ab. Damit das Unternehmen dennoch über die Lagervorgänge informiert ist, ist es wichtig eine Struktur für die Zusammenarbeit zu definieren. Hierzu bieten sich Reportings oder Dashboards an, um regelmäßig über Warenbewegungen, Qualität, Retouren etc. informiert zu sein. Auch Meetings zur kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit sollten regelmäßig durchgeführt werden.


Vor- und Nachteile eines eigenen Lagers:

Vorteile:

  • Mehr Eigenkontrolle über Warenbewegungen, Qualität etc.
  • Keine Abhängigkeit von einem Dienstleister

Nachteile:

  • Anfangs hohe Investitionskosten für Lagerstruktur, Gebäude, Technologie, Umstrukturierung
  • Personalbeschaffung in herausfordernden Märkten notwendig inkl. regelmäßiger Schulung etc.
  • Aktuell: steigende Mieten und ein Mangel an modernen, kurzfristig verfügbaren Logistikflächen & Grundstücken
  • Bei starken Schwankungen Gefahr von Kapazitätsengpässen bei der Bearbeitung der Lagerprozesse bzw. keine Auslastung des eingestellten Personals

Vor- und Nachteile eines externen Lagers:

Vorteile:

  • Erhöhung der Kompetenz von logistischen Prozessen durch Beauftragung eines externen “Experten”
  • Steigerung der Servicequalität durch Anbindung an ein namhaftes Logistiknetzwerk
  • Keine Immobiliensuche und eigene Personalbeschaffung in herausfordernden Märkten notwendig 
  • Zusätzliche Steigerung der Flexibilität und Skalierbarkeit

Nachteile:

  • Es besteht das Risiko einen nicht geeigneten Dienstleister zu beauftragen (fehlende Erfahrungswerte mit ausgewählten Produkten/Sortimenten, nicht vollständig umgesetztes Pflichtenheft)
  • Weniger Eigenkontrolle
  • Abhängigkeit von Dienstleister
  • Bei mehreren externen Lagern mit unterschiedlichen Dienstleistern kommt es zu einer Vielzahl an Schnittstellen


So treffen Sie eine fundierte Entscheidung

Welche Entscheidung bezüglich der passenden Lagerart für Ihr Unternehmen am geeignetsten ist, ist abhängig von der strategischen Ausrichtung Ihres Unternehmens. Zunächst sollten Sie eine Gesamtkostenbetrachtung durchführen und einen “Make-or-Buy” Business Case aufstellen. Als Grundlage für die “Buy”-Alternative sollten Sie eine Lagerausschreibung veröffentlichen, in der alle Preise und Konditionen für die definierten Aufgaben abgefragt werden. Für die “Make”-Alternative fassen Sie alle relevanten Kostenpositionen, wie die Investitionskosten für Gebäude, Technologie etc. zusammen. Außerdem ist eine Recherche notwendig, ob derzeit überhaupt Logistikflächen/Grundstücke im gewünschten Umfeld zur Verfügung stehen. Abschließend können Sie die Kostenstrukturen der “Make”- und “Buy”-Alternativen gegenüberstellen und abgleichen, welche Alternative für Sie die wirtschaftlichere ist.
 

10 Praktiker-Tipps für Ihre nächste Lagerausschreibung

Durch einen strukturierten Ausschreibungsprozess Ihrer externen Lagerdienstleistungen, stellen Sie sicher, dass Ihre Lagerprozesse zu marktgerechten Preisen durchgeführt werden. In diesem Prozess sind qualitative Anforderungen umfassend zu beschreiben und bei alternativen Dienstleistern abzuprüfen.

1. Benchmarken Sie zu Beginn Ihre aktuellen Preise

Kostensätze eines Lagerbetriebs sind gut vergleichbar, insbesondere wenn es sich um den häufig vorkommenden Fall der Lagerung von Europaletten handelt. Hier sind die Kosten für den Wareneingang, die Lagerung einer Palette pro Tag oder Monat und die Kosten der Auslagerung Benchmarking-fähig. Im Vergleich dazu sind Kostensätze für das Kommissionieren deutlich weniger einfach zu vergleichen, da diese in viel stärkerem Ausmaß von Gebindegrößen und Auftragsstrukturen abhängig sind. Als Benchmarking-Partner bieten sich Unternehmen aus Kooperationen innerhalb der gleichen Branche oder aber Unternehmen aus anderen Branchen an, da es sich im Rahmen von Lagerdienstleistungen um branchenübergreifende Prozesse handelt. Schließlich bieten auch Verbände oder Universitäten entsprechende Studien an. Auf Basis des Benchmarks wird schnell ersichtlich, ob Sie heute schon über Best-in-industry-Preise verfügen und eine Ausschreibung möglicherweise sogar zu Kostensteigerungen führen würde oder ob ein strukturierter Ausschreibungsprozess der Lagerdienstleistungen ein entsprechendes Potenzial bietet.

2. Prüfen Sie alle Optionen

Die Neuausschreibung der Lagerdienstleistungen ist immer eine gute Gelegenheit, auch alternative Strukturen vor oder im Rahmen der Ausschreibung zu prüfen. Insbesondere in engen Immobilienmärkten, mit exklusiven Dienstleisterzugriffen auf die interessantesten Objekte, ist es sinnvoll, frühzeitig Alternativen aufzubauen, um in den Verhandlungen mit den Bestandsdienstleistern über echte Optionen zu verfügen. Bei der strukturierten Erarbeitung von Alternativen sind die folgenden drei Dimensionen zu beachten, wobei grundsätzlich viele Kombinationen denkbar sind:

  • Zugriff auf Immobilie: Neubau, Kauf oder Anmietung durch das eigene Unternehmen
  • Finanzierung der Immobilie: Durch eigene Mittel oder durch einen externen Investor
  • Betrieb der Immobilie: in Eigenbetrieb oder durch einen Dienstleister

Da ein möglicher Neubau einer Immobilie lange Vorlaufzeiten erfordert, ist es sinnvoll, Ausschreibungsprozesse früh zu starten, um diese Option bei Bedarf auch realisieren zu können.

3. Bündeln Sie Lager und Transporte

Im Regelfall können die Anbieter von Lagerdienstleistungen auch Transporte anbieten. Daher kann es von Vorteil sein, die Ausschreibung der Lagerdienstleistungen mit der Ausschreibung von Transportdienstleistungen zu verknüpfen. Auf diese Weise erhöht sich nicht nur das Ausschreibungsvolumen deutlich, wodurch höhere Rabatte erzielt werden können. Eine gemeinsame Vergabe von Lager- und Transportdienstleistungen an einen Dienstleister hätte auch den Vorteil, dass gewisse operative Abläufe aus einer Hand realisiert werden, sodass Schnittstellen reduziert und Prozesse effizienter gestaltet werden. 

4. Erstellen Sie eine detaillierte Baseline

Zur Bewertung der Angebote der Dienstleister ist eine Vergleichsgrundlage (die sogenannte Baseline) unabdingbar. Hierzu werden die Mengengerüste und die entstandenen Kosten der letzten 12 Monate vor Beginn der Ausschreibung aufbereitet. Diese Daten können dann mit den tatsächlichen Rechnungsdaten abgeglichen werden. Achten Sie darauf, dass alle vom Dienstleister erbrachten Leistungen in der Baseline enthalten sind, also neben den reinen Lagerdienstleistungen wie Ein-/Auslagern, Lagern oder Picken auch Value Added Services wie Displaybau oder Regiearbeiten wie Umpalettieren, Retourenaufarbeitung oder Verpacken. So stellen Sie sicher, dass alle von einem Dienstleister zu erbringenden Leistungen auch Teil der Ausschreibung werden. Durch den Einbezug von Value Added Services oder Regiearbeiten erhöht sich auch das Ausschreibungsvolumen, wodurch die ausgeschriebenen Pakete für alternative Lagerdienstleister interessanter werden.

5. Arbeiten Sie Ihre Anforderungen akribisch auf

Damit ein alternativer Dienstleister ein glaubwürdiges Angebot abgeben kann, ist es erforderlich, ihn auf den gleichen Informationsstand wie den Bestandsdienstleister zu bringen. Daher sind neben dem quantitativen Mengengerüst auch die qualitativen Anforderungen an die Lagerabläufe akribisch zu beschreiben. Durch diese umfangreiche Beschreibung wird alternativen Dienstleistern signalisiert, dass die Ausschreibung ernst gemeint ist und nicht nur pro forma erfolgt. 
Beispielhaft sind folgende Punkte zu beschreiben:

  • Detaillierte Beschreibung der einzelnen Prozessschritte (Wareneingang, Lagerung, Kommissionierung, Warenausgang etc.), inkl. anzuwendender Formulare
  • Anforderungen an die Lager-IT, inkl. Statusmeldungen, Reports und bereitzustellende Schnittstellen
  • Prozess der Palettentauschvorgänge
  • Gemeinsame Lagerung mit anderen Produkten, inkl. Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsvorgaben
  • Rückverfolgungsthemen und Steuerung von Haltbarkeiten
  • Einzuhaltende Verbrauchsfolgeverfahren (z.B. FIFO – First-In-First-Out)
  • Geschäftszeiten und Deadlines für Auftragsbearbeitungen
    u. v. m.

Mit dieser akribischen Aufarbeitung haben Sie schon den Grundstein für den abzuschließenden Lagerdienstleistungsvertrag gelegt. Zudem kann bei zukünftigen Ausschreibungen auf diese Grundlage zurückgegriffen werden.

6. Versetzen Sie sich in die Lage des Dienstleisters

Nehmen Sie bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen und der Preisblätter auch einmal die Perspektive eines Dienstleisters ein. Ein Dienstleister wird grundsätzlich versuchen, auf ihn zukommende Risiken zu begrenzen oder hinsichtlich des Preises zu berücksichtigen. Je mehr Risiken ihm genommen werden, desto besser kann seine Preisgestaltung sein. Risiken können sich zum einen aus unpräzisen oder unvollständigen Ablaufbeschreibungen ergeben, die für den Dienstleister einen zusätzlichen Aufwand erfordern. Zum anderen können sich aber auch die Mengen- und Strukturdaten so ändern, dass für den Dienstleister Nachteile entstehen. Diesem kann über eine entsprechende Preisstruktur entgegengewirkt werden.

7. Validieren Sie die Angebote im Detail

Auch wenn die eingegangenen Angebote vordergründig leicht zu vergleichen sind, steckt doch der Teufel im Detail. Prüfen Sie zunächst telefonisch und dann auch im Rahmen der Verhandlungen, ob alle Prozessbeschreibungen von den Dienstleistern vollständig verstanden wurden und alle erforderlichen Leistungen in den abgegebenen Preisen enthalten sind. Rekonstruieren Sie auch in der Vergangenheit aufgetretene Spezialfälle und fragen Sie den Dienstleister, wie er diese abrechnen würde. Diese Übung verhindert Zusatzkosten, die erst nach Abschluss von Verträgen auffallen.

8. Durchdenken Sie den Vertrag vom Ende her

In der Ausschreibungsphase wird viel Vorlaufzeit benötigt, um, wie oben beschrieben, alle Immobilienoptionen prüfen zu können und auch ein eventueller Dienstleisterwechsel nimmt viel Zeit in Anspruch. Dieser Zeitbedarf sollte sich in entsprechend längeren Kündigungsfristen widerspiegeln. Außerdem sollten Sie immer damit rechnen, dass auch ein Bestandsdienstleister eine Kündigung aussprechen kann, sodass Sie bei längeren Kündigungsfristen noch ausreichend Handlungsspielraum für alle möglichen Optionen zur Verfügung haben.

9. Lassen Sie sich von einem Fachanwalt helfen

Ein mehrjähriger Lagerdienstleistungsvertrag, der ein erhebliches Kostenvolumen umfasst und von dem die Auslieferung der Produkte abhängt, sollte immer unter Einbindung eines Fachanwalts verhandelt werden. Da die Ihnen als Verhandlungspartner gegenübersitzenden Lagerdienstleister mit den zu verhandelnden Themen bestens vertraut sind, Sie aber möglicherweise nur einmal in mehreren Jahren diese Verträge verhandeln, sollten Sie sich zum Sicherstellen des gleichen Kenntnisstands professionell unterstützen lassen. Speziell Haftungsfragen, wie der Umgang mit Verzögerungsschäden, Warenschäden, Vermögensschäden etc. oder Versicherungsfragen werden schnell komplex und für Laien nur noch schwerlich durchschaubar.

10. Planen Sie die Umstellung mit langen Vorlaufzeiten

Da die meisten Dienstleister in eigenen Immobilien operieren, ist mit der Aufschaltung des neuen Lagerdienstleisters meist ein Umzug des Lagers verbunden. Für diesen Umzug sind längere Vorlaufzeiten einzuplanen, die bis zu sechs Monate umfassen können, und zwar aus mehreren Gründen:

  • Um den Lagerbetrieb am neuen Standort operativ starten zu können, ist die Inbetriebnahme von IT-Schnittstellen erforderlich, um z. B. Avis- und Auftragsdaten an den Dienstleister zu überspielen und um die ausgelieferten Mengen oder die Lagerbestände an den Auftraggeber zurückzumelden. Für die Erstellung und Abstimmung sowie das umfassende Testen dieser Schnittstellen ist ausreichend Zeit vorzusehen. Zusätzlich sind im IT-System des Dienstleisters die Stammdaten ihrer Artikel anzulegen.
     
  • Des Weiteren ist es sinnvoll, schon vor dem Echtstart des Lagerbetriebs einen Warenvorrat im neuen Lager aufzubauen und das alte Lager nur noch reduziert mit Fertigwaren aus der Produktion zu versorgen. Auf diese Weise wird das Volumen reduziert, das physisch am Umzugstag vom alten zum neuen Standort transportiert werden muss.
     
  • Letztendlich ist es für Sie als Auftraggeber essenziell, dass das neue Lager von Tag 1 an vollumfänglich die für Sie erforderlichen Prozesse erbringt und mit Ihren Fertigwaren adäquat umgeht. Dazu müssen die Lagermitarbeiter am neuen Standort mit dem Umgang ihrer Produkte vertraut gemacht und sensibilisiert werden.


Mit HÖVELER HOLZMANN Lagerausschreibungen optimal formulieren

Reichen aktuell verfügbare Lagerkapazitäten nicht mehr aus, gilt es zu entscheiden, ob das Lager ausgebaut, neu gebaut oder ein externer Dienstleister beauftragt werden soll. Wir von HÖVELER HOLZMANN helfen Ihnen dabei, eine fundierte Entscheidung für oder gegen ein externes Lager zu treffen. Außerdem unterstützen wir Sie bei der Formulierung Ihrer Lagerausschreibung, sodass Sie den optimalen Lagerdienstleister für Ihr Unternehmen finden.

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