Das Lieferkettengesetz betrifft die gesamte Wirtschaft

Gegenstand des „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten“ sind vier Punkte: unternehmerische Sorgfaltspflichten, Verantwortung für die Lieferkette, behördliche Überprüfungen und der Schutz der Menschenrechte. Kurz gesagt will der Gesetzgeber mit dem Lieferkettengesetz also dafür sorgen, dass Akteure entlang der gesamten Lieferkette soziale und ökologische Standards wahren.

Klare Anforderungen für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten sollen Rechtssicherheit für Konzerne und Betroffene schaffen. Da sich diese Pflichten grundsätzlich auf die gesamte Lieferkette vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt erstrecken, sollen die Unternehmen künftig auch entsprechende Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette tragen. Die Anforderungen sind dabei abgestuft, besonders bezüglich des Einflussvermögens auf Verursacher möglicher Menschenrechtsverletzungen, sowie nach den unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette. Bei klaren Hinweisen auf Verstöße müssen Firmen jedoch künftig aktiv werden.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wird nach Inkrafttreten die Einhaltung des Gesetzes überprüfen. Das Amt kontrolliert Unternehmensberichte und geht Beschwerden nach. Bei Versäumnissen oder Verstößen können Bußgelder verhängt werden, die bis zu zwei Prozent des Umsatzes entsprechend dürfen. Darüber hinaus können Organisationen auch von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden.

Um den Schutz der Menschenrechte zu verbessern, können Betroffene von Menschenrechtsverletzungen ihre Rechte künftig nicht mehr nur vor deutschen Gerichten geltend machen, sondern mit Inkrafttreten des Lieferkettengesetzes auch Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einreichen.

 

Der Geltungsbereich wird mit der Zeit erweitert werden

Das Lieferkettengesetz gilt ab 1. Januar 2023 und zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten, deutschlandweit also etwa 900 Firmen. Ab 2024 wird die Schwelle auf 1.000 Mitarbeiter gesenkt, womit mittelfristig rund 4.800 Betriebe betroffen sind. Nach 2024 soll der Anwendungsbereich des Gesetzes überprüft werden.

Maßgebend ist dabei der Stammsitz der Gesellschaft: Auch wer 10 Mitarbeiter in Deutschland und 5.000 im Ausland hat, ist betroffen. Hinzu kommt: Kleine Produzenten, die große Konzerne zu ihrem Kundenkreis zählen, werden durch einen „Schneeballeffekt“ ebenfalls betroffen sein – denn selbstverständlich werden sich auch diese Kunden um die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen kümmern. Somit ist heute schon absehbar, dass praktisch alle Unternehmen direkt oder indirekt betroffen sein werden.

 

Umsetzung

Neue Anforderungen für betroffene Unternehmen

Um ihre Lieferketten fit für die die Anforderungen des Gesetzes zu machen, müssen Organisationen auf mehreren Ebenen tätig werden. Dabei steht naturgemäß zunächst der eigene Geschäftsbereich im Fokus. Anschließend müssen die direkten Zulieferer ins Visier genommen werden. Darauffolgend gilt es, auch mittelbare Lieferanten entlang der Lieferkette zu kontrollieren – hier ist laut dem neuen Gesetz jedoch weniger Aktivität erforderlich.

Der eigene Geschäftsbereich betrifft das Unternehmen selbst und gegebenenfalls verbundene Gesellschaften. In diesem Rahmen gilt es, geeignete Einkaufsstrategien und -praktiken zu entwickeln. Auch Schulungen der eigenen Mitarbeiter stehen an, damit sichergestellt ist, dass alle Verantwortlichen über die gesetzlichen Bestimmungen in Kenntnis gesetzt sind und entsprechend handeln können.

An zweiter Stelle stehen die unmittelbaren Zulieferer, mit denen ein direktes Geschäftsverhältnis besteht. Hier ist eine kontinuierliche und proaktive Risikoanalyse gefordert. Unternehmen müssen also eine Einschätzung des Risikos vornehmen, ob Menschenrechte verletzt werden, und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen durchführen.

Die mittelbaren Zulieferer stehen an dritter Stelle. Hier genügt dem Gesetzgeber eine passive Überwachung: zum Beispiel in Form einer Meldestelle mit E-Mail, Postfach und Telefon, bei der Mitarbeiter Verletzungen anzeigen können. Idealerweise kann diese Aufgabe in eine bestehende Compliance-Stelle integriert werden.
 

Lieferanten- und Risikomanagement im Fokus der Maßnahmen

Vorteilhaft bei der Umsetzung der neuen Anforderungen kann sich auswirken, dass die meisten Unternehmen bereits über ein etabliertes Lieferanten- und Risikomanagement verfügen. Schließlich ist jede marktwirtschaftlich agierende Organisation daran interessiert, Störungen in der Lieferkette zu vermeiden und die eigene Lieferantenbasis stetig zu verbessern.

Letzteres erfolgt bislang oft auf Basis von Zertifizierungen und Branchenstandards. Das neue Lieferkettengesetz ergänzt diese bestehenden Maßgaben als bedeutendes Kriterium. Um den neuen Faktor harmonisch einzuführen und im laufenden Betrieb wirksam zu berücksichtigen, ist ein systematisches und proaktives Risikomanagement nötig, das die gesamte Supply Chain und alle relevanten Gefährdungsarten einbezieht.

Vor der Integration der Maßgaben des Lieferkettengesetzes sollten Unternehmen als erstes ihre Lieferanten- und Risikomanagementprozesse umfassend hinsichtlich ihrer ethischen und ökologischen Aspekte überprüfen. Zweitens muss, falls die Prozesse den Anforderungen des Gesetzes nicht entsprechen, ein Konzept zur Risikoanalyse erstellt werden, welches das Lieferantenportfolio beleuchtet und in die Einkaufsprozesse implementiert wird. Drittens müssen Gesellschaften sicherstellen, dass ein ganzheitlicher Risikomanagementprozess nachhaltig implementiert wird, der die Einhaltung des Gesetzes sicherstellt.
 

Das Lieferantenmanagement muss neu aufgestellt werden

Ungeachtet aller Hürden, die das Lieferkettengesetz für betroffene Betriebe bereithält, hat die neue Regelung auch einen positiven Aspekt: Maßnahmen zur Umsetzung können dazu beitragen, die Transparenz und Resilienz der Lieferkette zu verbessern. Unternehmen können dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen. Das Gesetz sollte daher auch als Chance gesehen werden. Um sie zu nutzen, müssen Geschäftsverantwortliche Sorge tragen, dass der Mehraufwand infolge der gesetzeskonformen Umsetzung sich auch im Ertrag widerspiegelt.

Entsprechende Maßnahmen, die mit diesem Ziel vor Augen ergriffen werden sollten, lassen sich in einem dreistufigen Prozess darstellen: die Analyse der bisherigen Prozesse, ihre Weiterentwicklung und schließlich der Roll-out über alle Unternehmensbereiche hinweg.

In der Analyse der gegebenen Lieferanten- und Risikomanagementprozesse müssen alle Stakeholder und Interessenvertreter involviert sein: Neben der Einkaufsabteilung und dem Lieferantenmanagement betrifft das auch den Bereich Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR), die Nachhaltigkeitsabteilung, die Unternehmenskommunikation und die Rechtsabteilung. Betroffen sind nicht nur reine Produktionsgüter und Dienstleistungen, sondern auch indirekte Bereiche, die nicht eigentlicher Bestandteil der Produktion sind: etwa das Facility Management und die Logistik.

 

Ist die Analyse abgeschlossen, muss der Prozess weiterentwickelt werden: In diesem Schritt müssen Gesellschaften ihren Risikomanagementprozess gegebenenfalls neu konzipieren und anhand von Warengruppen und Lieferanten überprüfen. Hilfreich sind Maßnahmenpläne, die den betroffenen Abteilungen vermittelt werden. Sind diese Vorbereitungen getroffen, steht dem flächendeckenden Roll-out über die gesamte Organisation hinweg nichts mehr im Weg.

Für den Roll-out sind umfangreiche kommunikative Maßnahmen empfehlenswert, damit die Umsetzung über alle Bereiche hinweg sichergestellt ist. Hinzu kommen Schulungsaktivitäten wie Trainings der Mitarbeiter und die Integration in die bestehende Unternehmenslandschaft: in Prozesse und CRM-Tools, Controlling und Reporting. Die Maßnahmen müssen darüber hinaus nachvollziehbar überprüft werden. Dafür sind ein klarer Plan mit definierten Meilensteinen und regelmäßige Statusberichte nötig.
 

Die Bedeutung der Zulieferer kann unterschiedlich ausfallen

Unterschiedliche Zulieferer und Serviceanbieter haben unterschiedliche Risikoprofile. So wird ein deutscher IT-Dienstleister, der ausschließlich innerhalb Deutschlands tätig ist, beispielsweise ein geringeres Risiko darstellen als der Direktbezug von Elektronikprodukten bei einem Hersteller aus Asien. Bei heimischen Rohstoffen wie Zucker, auf die zahlreiche Unternehmen in der Lebensmittelindustrie angewiesen sind, sind die Lieferketten kurz und somit leichter zu überwachen. Tropische Früchte wie Mangos oder Papayas stellen das andere Extrem dar: Hier können die Lieferketten sehr komplex ausfallen. Bei solchen Rohstoffen können Zertifizierungen eine Schlüsselrolle einnehmen, Maßnahmen wie der direkte Kontakt zu Bauern können zusätzliche Transparenz bringen. Grundsätzlich ist bei der Einstufung der Relevanz auf Lieferanten und Warengruppenebene vorzugehen. Zur Schonung der eigenen Ressourcen, können Risikoprofile auch von spezialisierten Dienstleistern gekauft werden.

Dabei müssen nicht nur zahlreiche Akteure und Unternehmensbereiche eingebunden werden. Der Prozess bedingt auch verschiedene Tools und Informationen. Die Konzeption des Risikomanagementprozesses stellt dabei den Kern dar. Je nach Profil des Zulieferers und Art der Produkte oder Dienstleistungen kann als Maßnahme eine reine Lieferantenselbstauskunft ausreichend sein, es können aber auch eigene Audits oder solche von Drittanbietern nötig sein, um Risiken zu vermeiden.

Wird eine Verletzung entdeckt, muss der Missstand abgestellt werden – als ultimative Maßnahme dient die Auslistung des Lieferanten, vorzugsweise aber natürlich die Abstellung der Verletzung. Bedenken sollten Betriebe dabei stets, dass sie nicht allein sind: Gegenmaßnahmen können auch von Partnern und Drittanbietern unterstützt werden.
 

Fazit: Lieferkettengesetz verschafft deutschen Herstellern Vorteile im globalen Wettbewerb

Die Harmonisierung der Geschäftsprozesse mit den Anforderungen des Lieferkettengesetzes ist ein Kreislauf: Einmal etabliert, wird die Berücksichtigung der juristischen Norm zu einem fortlaufenden Prozess, der stets optimiert wird. Unternehmen sollten die Maßgaben des Gesetzestextes nicht als Bedrohung wahrnehmen, sondern als Chance, von der alle profitieren können: die an der Produktion über die gesamte Wertschöpfungskette Beteiligten ebenso wie Verbraucher, Umwelt und der Markenwert.

Dementsprechend wird das Lieferkettengesetz von zahlreichen Organisationen in Deutschland begrüßt, die sich dem nachhaltigen Wirtschaften und der Produktion gemäß den ethischen und ökologischen Standards verschrieben haben. Hersteller in Deutschland können auf diese Weise Wettbewerbsvorteile erzielen, noch bevor zahlreiche andere Länder ähnliche gesetzliche Normen verabschieden.

Bei der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen sind die Betriebe nicht auf sich allein gestellt: Experten für Herausforderungen entlang der Supply Chain wie HÖVELER HOLZMANN unterstützen sie und bieten Best Practices, die vor dem Hintergrund neuer juristischer Anforderungen Chancen für Umsatzwachstum und unternehmerischen Erfolg aufzeigen.

Das Lieferkettengesetz wurde mit Blick auf die Lebensumstände von Arbeitskräften in der ganzen Welt konzipiert. Mit der richtigen Strategie können Unternehmen es nutzen, um auch vor Ort in Deutschland ihr Geschäft zu stärken und sich zukunftssicher zu positionieren.

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