Klein, aber Oho! In zwei Schritten C-Teile erfolgreich optimieren

Seit jeher steht in Gesprächen mit Einkaufsleitern und Vorständen mit Einkaufsverantwortung der strategische Einkauf von A-/B-Beschaffungsgruppen im Fokus. Das Einkaufsvolumen für C-Beschaffungsgruppen wird dagegen in der Regel eher stiefmütterlich behandelt.

Auch wenn C-Teile im Schnitt lediglich 5-10% des gesamten Einkaufsvolumens ausmachen, kommt so bei einer gewissen Unternehmensgröße schnell ein signifikantes Einkaufsvolumen zusammen. Dieses Volumen kann mit überschaubarem Aufwand optimiert und so kurzfristig Einsparpotential realisiert werden.

Was sind C-Teile?

C-Beschaffungsgruppen umfassen sowohl Artikel des direkten Einkaufs wie Produktionsmaterial als auch Artikel des indirekten Einkaufs, die nicht zum Produktionsmaterial gehören. Typische C-Teile sind DIN-/Normteile (z.B. Verbindungs- oder Dichtungselemente), mechanische Bauteile (z.B. Dreh- oder Stanzteile), Werkzeuge, Elektroartikel oder Büromaterialien. Charakteristisch für diese Artikel ist, dass sie in einer hohen Variantenvielfalt bei geringen Stückzahlen eingekauft werden. Durch diese Vielfalt machen diese Artikel im produzierenden Gewerbe erfahrungsgemäß bis zu 85% aller eingekauften Artikel aus.

Mithilfe einer XYZ-Analyse, die Artikel nach Ausprägung ihres Bedarfs kategorisiert, können C-Bedarfe weiter klassifiziert werden. Die Unterscheidung erfolgt in drei Kategorien: Konstanter Bedarf (C-X-Bedarfe), saisonaler Bedarf (C-Y-Bedarfe) oder unregelmäßiger Bedarf (C-Z-Bedarfe).

Ein Beispiel: Einer unserer Kunden aus der verarbeitenden Industrie bezog seine 4.750 C-Artikel von 290 seiner insgesamt 560 Lieferanten (= 52%), obwohl die Artikel nur 2% des Einkaufsvolumens ausmachten.

Abbildung 1: Charakterisierung von C-Teilen

Geringe Stückzahlen – große Herausforderungen

Die fehlende Transparenz im Einkaufsvolumen ist eine der größten Herausforderungen bei der erfolgreichen Optimierung von C-Beschaffungsgruppen. Die hohe Variantenvielfalt bei geringen Stückzahlen der Artikel sowie die hohe Anzahl an eingesetzten Lieferanten führen dazu, dass das Einkaufsvolumen für C-Teile stark fragmentiert ist. Klassische Preis-/Prozesskostenhebel der Einkaufserfolgsformel wie Volumenbündelung oder Spezifikationsoptimierung lassen sich so nur bedingt anwenden: Für eine umfassende Volumenbündelung ist das Einkaufsvolumen einzelner Beschaffungsgruppen in der Regel zu gering, gleichzeitig übersteigt der Aufwand einer Spezifikationsoptimierung erfahrungsgemäß das Einsparpotential.

Erschwerend kommt hinzu, dass vor allem unregelmäßig bestellte Artikel (C-Z-Bedarfe) nur selten über bestehende Lieferanten abgedeckt werden. Der verhältnismäßig aufwendige Bestellweg über die Einkaufsabteilung für einen Artikel mit geringem Einkaufswert führt dazu, dass in vielen Unternehmen der Einkauf von C-Teilen - oftmals als „Notfall-Käufe“ deklariert - selbstständig von den Fachbereichen wie Produktion, Facility Management oder Marketing durchgeführt wird („Maverick Buying“). Die Bestellungen werden dabei telefonisch, per E-mail, im Onlineshop oder per Fax bei den Lieferanten vorgenommen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Lieferantenbasis für C-Teile in Unternehmen kontinuierlich wächst und bis zu 75% aller Lieferanten eines Unternehmens ausmachen kann. Der Grund hierfür ist, dass die (Bestell-)Prozesse zum Einkauf von C-Teilen immer noch nicht in allen Einkaufsabteilungen standardisiert und Lieferanten definiert wurden. Dies ist umso verwunderlicher, als dass spezialisierte Beschaffungsdienstleister für C-Teile ihren Kunden seit Jahren eigene elektronische Anwendungen zur Verfügung stellen.

Gute Gründe für die Optimierung

Was die TOP-Artikel von C-Beschaffungsgruppen so interessant für eine Optimierung machen, ist die Tatsache, dass diese Bedarfe im Schnitt rund 80-85% der Ressourcen binden. Denn für den Einkauf von C-Teilen sind mehrere Prozessschritte notwendig, die Personal und Zeit beanspruchen: Bedarfsermittlung, Bestellanforderung, Freigabe, Übermittlung, Angebots-einholung, Bestellung, Lieferung und Warenannahme sowie der Rechnungsprozess.

Die Durchführung einer Prozesskostenrechnung zeigt, dass die Kosten beim Einkauf von C-Artikeln oftmals durch Kostentreiber verursacht werden, die auf eine fehlende Standardisierung im Einkaufsprozess zurückzuführen sind. Durch den Bedarf an verschiedenen Artikelvarianten, den vergleichsweise geringen Stückzahlen, denen eine hohe Anzahl an Lieferanten gegenübersteht, sind nur die wenigsten Kreditoren vollständig mit Vertragskonditionen im ERP-System hinterlegt. So ist ein standardisierter Bestellprozess (Work-flow), der zu signifikanten Zeitersparnissen und sinkenden Prozesskosten führt, in der Regel nicht einzuhalten. Dies hat zur Folge, dass die Prozesskosten oftmals den Einstandspreis, d.h. den Einkaufspeis zzgl. Logistikkosten abzgl. aller Rabatte eines Artikels, übersteigen. Nimmt man an, dass – auf Basis unserer Projekterfahrung – mehr als die Hälfte aller Bestellungen (rd. 60%) durch C-Teile ausgelöst werden, ergibt sich eine alarmierende Zahl.

Grund genug, um sich mit der Optimierung von C-Beschaffungsgruppen eingehender zu beschäftigen. Mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand kann dieses Einkaufsvolumen in zwei Schritten optimiert werden.

Optimierung von C-Beschaffungsgruppen in zwei Schritten

Abbildung 2: Zwei Schritte zur Optimierung von C-Teilen

1. Schritt: Transparenz schaffen und Konditionen verbessern

Als erste Maßnahme wird die oftmals unüberschaubare Lieferantenbasis bereinigt. Hierzu werden bestehende Geschäftsbeziehungen zu nicht vertraglich gebundenen Lieferanten bewertet und gegebenenfalls beendet. Das freiwerdende Volumen wird auf die vertraglich gebundenen Lieferanten verteilt, sofern es sich nicht aufgrund besonderer Spezifikationen um „herstellergebundene C-Teile“ handelt. Die hierdurch gestiegenen Volumina können bei Lieferanten – nicht nur mit Mengenkontrakten – Anlass geben, die bestehenden Konditionen kurzfristig nachzuverhandeln. Aufgabe des operativen Einkaufs ist es, die Einhaltung dieser Vorgabe gegenüber den internen Bedarfsträgern durchzusetzen.

Als zweite Maßnahme folgt eine Potentialabschätzung. Die Konditionen mehrerer vertraglich gebundener Lieferanten für gleiche oder ähnliche Artikel können als interner Benchmark genutzt werden, um abzuschätzen, in welchen Beschaffungsgruppen Einsparpotential verborgen ist. Zur Realisierung von Quick-Wins kann dieses Potential bei Beschaffungsgruppen mit mittlerem Einkaufsvolumen durch zügige Nachverhandlungen realisiert werden.

Für Beschaffungsgruppen mit hohem Einkaufsvolumen unter allen C-Beschaffungsgruppen lohnt sich dagegen ein externer Benchmark: Repräsentative Artikel einer Beschaffungsgruppe werden zunächst bei bestehenden und alternativen Lieferanten angefragt. Die durchschnittlichen Einsparungen auf die priorisierten Artikel werden dann den Lieferanten als Zielpreise für die restlichen Artikel der Beschaffungsgruppe vorgeben. So wird der Aufwand für umfangreiche Ausschreibungen mit mehreren hundert Artikeln oder teure e-Auctions signifikant reduziert. Wichtigster Erfolgsfaktor bei diesem Vorgehen ist die offene Kommunikation des Projektablaufs an die teilnehmenden Lieferanten. Ziel sollte es bereits bei der Auftragsvergabe sein, Beschaffungsdienstleister zu wählen, die auf C-Teile spezialisierte sind. In der Regel stellen diese eigene elektronische Anwendungen wie beispielsweise e-Kataloge für den Einkauf bereit.

Natürlich kann es immer vorkommen, dass es für einzelne Artikel keine geeigneten Anbieter unter den bestehenden Lieferanten gibt oder es sich um ein „herstellergebundenes C-Teil“ handelt. Für diesen Fall sollten mit Blick auf Volumen und Bedeutung des jeweiligen Artikels Vorzugslieferanten definiert werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

An der Mengenschraube drehen und sparen

Neben der sorgfältigen Bereinigung der Lieferantenbasis und der Verbesserung der Einkaufskonditionen muss der bestehende Bedarf auf den Prüfstand gestellt werden. Hierbei hilft ein Blick auf die Einkaufserfolgsformel, die neben Preis-/Prozesskostenhebeln auch Mengenhebel (rot umrandet) zur Identifizierung von Einsparungen aufzeigt:

Abbildung 3: Einkaufserfolgsformel

Da C-Beschaffungsgruppen durch ein hohes mengenmäßiges, aber lediglich geringes wertmäßiges Volumen charakterisiert sind, können durch den Einsatz von Preis-/Prozesskostenhebeln nur verhältnismäßig geringe Einsparungen erzielt werden. Signifikant höhere Einsparungen versprechen hingeben die Mengenhebel Bedarfsrichtlinienverschärfung (= Verschärfung der Richtlinien für interne Bestellungen), Bedarfskontrollverschärfung (= Senkung der Wertgrenze für interne Bestellungen), Eliminierung von Bedarf (= ersatzlose Streichung des Bedarfs) und Verlängerung der Nutzung. Diese Hebel werden idealerweise in Kombination eingesetzt.

Konnte ein Mitarbeiter bisher Büromaterial in fast unbegrenzter Menge ordern, wird ab sofort die maximale Bestellmenge und auch -frequenz für interne Anforderungen gesenkt. Der Einsatz dieser Hebel führt in der Regel automatisch zur Verlängerung der Nutzungsdauer. Eine ebenso einfache, aber deutlich wirksamere Methode ist daneben die komplette Eliminierung des Bedarfs. Konnte ein Mitarbeiter zwischen zwei verschiedenen Kugelschreibern oder Textmarkern - dem Markenprodukt und der Eigenmarke des Lieferanten für Büromaterial - wählen, wird die teurere Variante gestrichen. Bestellungen für solche Artikel werden nicht mehr ausgeführt.

2. Schritt: Prozesse und Strukturen optimieren

Im zweiten Schritt werden bestehende, oftmals nur halbautomatisierte oder gar manuelle Prozesse und Strukturen insbesondere in den elektronischen Bestell-/Abrufsystemen optimiert. Ziel ist es dabei, die Prozesskosten sowie den personellen Aufwand der Einkäufer bei Bestellungen nachhaltig zu minimieren.

Gerade bei Beschaffungsgruppen wie Standard-Werkzeuge oder Büromaterial lohnt sich die Einführung eines e-Katalogs mit einer begrenzten Artikelanzahl, aus dem interne Kunden ohne Einbezug des Einkaufs selbstständig bestellen können. Erfahrungsgemäß muss der Einkauf – bei umfassender Kommunikation neuer Prozesse an die internen  Bedarfsträger – mit einer Eingewöhnungszeit von drei bis sechs Wochen rechnen, bis beispielsweise e-Kataloge erfolgreich im Arbeitsalltag eingesetzt werden. Damit werden dem Bedarfsträger nur diejenigen Artikel angeboten, die vom Einkauf freigegeben wurden. Gleichzeitig besteht nach vertraglicher Regelung mit dem Lieferanten die Möglichkeit, Bestell- und Lieferzeitpunkte so zu definieren, dass eine Bevorratung im eigenen Unternehmen nicht mehr notwendig ist.

Bestellt ein Mitarbeiter seinen Kugelschreiber oder Textmarker bis 16:00 Uhr, erfolgt die Lieferung bereits am Folgetag an seinen Arbeitsplatz. Vorbild ist hier wieder einmal die Automobilbranche: Dort geht das Outsourcing der Lagerhaltung bereits heute weit über C-Bedarfe hinaus und die Produktion meldet Bedarfe automatisch bei dem entsprechen Vertragslieferanten an.

Vorteile eines gründlichen C-Teile Managements

Auch wenn die Optimierung und das anschließende Aufsetzen eines gründlichen C-Teile Managements zu Beginn Zeit und Geld kostet, lohnt sich der Aufwand. Durch den höheren Standardisierungsgrad sinken die Prozesskosten – nicht nur für den Bestellprozess – signifikant. Darüber hinaus erhält der Einkauf durch die Reduktion der Lieferantenanzahl eine größere Kontrolle über alle Bestellvorgänge und die notwendige Transparenz im Einkaufsvolumen. Gleichzeitig können durch eine engere Einbindung von spezialisierten Beschaffungsdienstleistern eigene Lagerbestände reduziert, Lagerflächen optimiert und die Bevorratung zu den Lieferanten verlagert werden. Während die Finanzabteilung so von der Liquiditätssteigerung profitiert, kann der Einkauf die frei gewordenen Ressourcen für strategisch wichtigere A- und B-Beschaffungsgruppen einsetzen. Letztlich führt diese Verlagerung der Ressourcen zu höheren Einsparungen im strategischen Einkaufsvolumen.

Ein weiterer Pluspunkt der Optimierung von Prozessen: Der Einkauf hat für zukünftige Projekte alle relevanten Informationen vorliegen und notwendigen Prozesse implementiert, die bei der Ausgestaltung von entsprechenden Lieferantenverträgen helfen. So kann in Zukunft jederzeit auf die jeweils optimalen Vertrags- und Zahlungsbedingungen zurückgegriffen werden.

Fazit

Bisher wurde das Einkaufsvolumen für C-Beschaffungsgruppen kaum bzw. stiefmütterlich bearbeitet. Dabei liegen die Vorteile eines C-Teile Managements auf der Hand. Es besteht nicht nur die Möglichkeit mit verhältnismäßig geringem Aufwand Einsparungen zu erzielen, sondern indirekt Ressourcen für strategische Aufgaben freizustellen.