Einkauf mit Methode und Qualität

Entwicklung und Einsatz von Methoden zur Erzielung von Einsparungen und zur Steigerung der Effizienz von Prozessen haben in den letzten zwei Jahrzenten im Einkauf deutlich an Bedeutung  gewonnen. Viele Konzerne und ihre Einkaufsabteilungen konnten dementsprechend ihre Einkaufsprozesse unter Verwendung von unterschiedlichen Methoden verbessern. Im folgenden Artikel beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um das Thema Methoden im Einkauf.

1) Wie viel Methode steckt in Ihrem Einkauf?

Obwohl in den meisten Unternehmen die wichtigsten Einkaufsmethoden bekannt und mehr oder weniger detailliert dokumentiert sowie in den Richtlinien verankert sind, arbeiten viele Einkäufer nicht  prozesskonform nach den definierten Methoden. Hierfür gibt es unterschiedlichste Gründe. Das Tagesgeschäft verleitet die Einkäufer dazu,  Prozesse abzukürzen bzw. nur oberflächlich zu bearbeiten. Unterschiedliche Prozessinterpretationen oder auch mangelnde Motivation sind nur einige der möglichen Ursachen.  Dazu kommt, dass viele Unternehmen mit der Vorgabe von Arbeitsprozessen und Methoden nur die Hälfte des Weges gehen, obwohl der zweite Teil, nämlich die Kontrolle der Einhaltung dieser Vorgaben, mindestens ebenso wichtig ist. Statt Konsequenz zu zeigen,  stehen detailliert definierte Prozessschritte gut behütet „im Aktenschrank der Einkaufsabteilungen“.

Als Folge schwankt die Qualität der Arbeitsergebnisse von Einkäufer zu Einkäufer stark. Von diesen Schwankungen ist die gesamte Einkaufsabteilung betroffen, deren  „Ruf“ letztendlich von der Leistung jedes einzelnen Einkäufers abhängig ist.

Es stellt sich also die Frage, wie ein hoher Mindestqualitätsstandard implementiert werden kann, so dass Einkaufs-und Unternehmensleitung sicher sein können, dass der Einkauf „seinen Job gut macht“.

Mit der Einführung von Methodenentwicklung und Qualitätssicherung als festem Bestandteil der Einkaufsabteilung kann diese Frage beantwortet werden. Die Aufgabe des Methodenentwicklers und Qualitätssicherers ist es, dem Team aus Einkäufern für alle Kernprozesse des Einkaufs (strategischer Einkaufsprozess, Lieferantenmanagement sowie operativer Bestellprozess)  „das richtige Werkzeug“ an die Hand zu geben, wie es in der Abbildung exemplarisch dargestellt wird.

Abbildung 1: Beispiele Einkaufsmethoden

Der Methodenentwickler/Qualitätssicherer hat fundiertes Wissen und Praxiserfahrung im Einkauf und kennt die täglichen Abläufe und Probleme genau. Deshalb kann man von den von ihm entwickelten Lösungsansätzen praktische Umsetzbarkeit erwarten. Hierdurch steigt der Anreiz für die Einkäufer, sich an die vorgegebenen, einheitlichen Prozesse zu halten. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass der Methodenentwickler durch seine thematische Nähe ein direkter Ansprechpartner für die Einkäufer ist, an den sie sich mit Fragen zu den Vorgaben oder Anregungen für die Realisierung weiteren Optimierungspotentials wenden können. Dies ist bei in Aktenordnern abgehefteten Richtlinien nicht der Fall. Deshalb bleibt es weiterhin die Hauptaufgabe des Methodenentwicklers/Qualitätsicherers, die Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen und einzufordern.

2) Wie kann der Einsatz von Methoden im Einkauf sichergestellt werden?

Zur Gewährleistung einer effizienten und qualitativ hochwertigen Bearbeitung von Einkaufsaktivitäten über alle Mitarbeiter im Einkauf hinweg müssen die drei Kernprozesse im Einkauf mit Methoden „ausgekleidet“ werden. Im Sinne von „Kochrezepten“ unterstützt der Methodenentwickler die Einkaufsabteilung entlang des strategischen Einkaufsprozesses, des Lieferantenmanagements und des operativen Bestellprozesses durch die Auswahl passender Methoden und kann auf diese Weise sowohl die Arbeit des Teams erleichtern, als auch dessen Arbeitsqualität merklich steigern.

Selbstverständlich beginnt er seine Arbeit nicht jedes Mal aufs Neue mit einem leeren Blatt Papier. Für seine Arbeit schöpft der Methodenentwickler aus einem großen Pool bestehender Konzepte. Diese gilt es dem Bedarf entsprechend an sein Unternehmen bzw. sein Teams anzupassen.

Ebenso gibt es für die Kontrolle der Einhaltung der vorgegebenen Methoden kein pauschales Vorgehen. Jedes Nicht-Einhalten einer Vorgabe hat einen konkreten Grund, den zu finden die Aufgabe des Methodenentwicklers im Zuge der Qualitätssicherung ist. Hierzu hat er vielfältige Möglichkeiten. Denkbar ist beispielsweise eine regelmäßige „Sprechstunde“, bei der sich die Einkäufer sowohl untereinander als auch mit dem Methodenentwickler über Probleme bezüglich der Vorgaben austauschen. Für einen solchen Austausch sollte ein fester Zeitpunkt vorgegeben werden, sonst geht er in der Praxis leicht im Alltagsgeschäft unter. 

3) Wer ist der geeignete Methodenentwickler/Qualitätssicherer in Ihrem Einkauf? 

Die Hauptaufgaben eines solchen Verantwortlichen für Methodenentwicklung und Qualitätssicherung bestehen darin, Methoden zu konzipieren und zu definieren, die je Kernprozess sowie Prozessschritt angewendet werden soll. Zudem überprüft er kontinuierlich, dass die ausgewählten Methoden im Einkauf sinnvoll angewendet werden. 

Entsprechend sieht das Anforderungsprofil an den Methodenentwickler bzw. Qualitätssicherer im Einkauf wie folgt aus:

  • Starke analytische und konzeptionelle Fähigkeiten
  • Sehr gute Fähigkeit zur Entwicklung qualitativer und quantitativer Methoden ( z.B. nicht-lineare Regressionsanalysen)
  • Professionelle Excel-/Access-Kenntnisse
  • Sehr gute Fähigkeit, Wissen zu vermitteln

4) Wie gestaltet sich der Einsatz von Methoden in der Einkaufspraxis? 

Der strategische Einkaufsprozess sollte durch unterschiedlichste Methoden entlang der einzelnen Prozessschritte flankiert werden, von der ABC-XYZ Analyse zur Strukturierung des Bedarfs, über Methoden zur strukturierten Analyse von Einkaufsmärkten bis hin zum Einsatz von eSourcing-Tools zur Automatisierung von Ausschreibungen. 

Ein passendes Beispiel für die Arbeit des Methodenentwicklers ist die Erfassung und Strukturierung technischer/qualitativer Daten von Artikeln einer Warengruppe in einer fest definierten Spezifikationsmatrix. Dies ist eine einfache und zugleich effektive Methode, um insbesondere in Warengruppen mit hoher Artikelvielfalt, wie Verpackungen (Etiketten, Kartonagen, Folie etc.), die Spezifikationen systematisch zu erfassen. Die methodische Erfassung von Spezifikationsdaten ermöglicht es beispielsweise, das vollständige Einsparpotential durch die Hebel der Lieferantenkreiserweiterung und der Volumenbündelung zu realisieren, da spezielle Anforderungen oder Gemeinsamkeiten einzelner Artikel aufgrund der guten Übersichtlichkeit schneller erkannt werden.

In der Praxis ist es keine Seltenheit, dass die Spezifikationsdaten verschiedener  Waren(unter)gruppen auf vollkommen unterschiedliche Art und Weise dokumentiert sind, da jede der zuständigen Personen ein eigenes, oft historisch gewachsenes Arbeitskonzept hat. So werden die Spezifikationen einiger Artikel in Excel-Dateien festgehalten, andere sind auf einem handschriftlichen Zettel zu finden und wieder andere Daten sind gar nicht dokumentiert. Die Vorgabe einer Spezifikationsmatrix, die für jede Warengruppe einen ähnlichen und wiedererkennbaren Aufbau hat, hat deshalb den weiteren Vorteil, dass die Weitergabe von Spezifikationen deutlich erleichtert wird. Ein neuer Mitarbeiter findet sich in der Struktur schnell zurecht und muss sich benötigte Informationen bezüglich der Spezifikationen nicht mühsam zusammensuchen. Ebenso kann ein größerer Kreis von Lieferanten in Ausschreibungen angesprochen werden, da eine vollständig gepflegte Spezifikationsmatrix den Versand von Mustern ersetzt und so keine Kosten und/oder zusätzliche Arbeit entsteht. 

Fazit

Die oben beschriebene Spezifikationsmatrix ist eine einfache und zugleich hocheffiziente Methode zur Spezifikationspflege und –erhebung. Sie bildet jedoch nur eines von zahlreichen Beispielen, wie Methoden entlang des strategischen Einkaufsprozess das „Leben des Einkäufers erleichtern“ und zugleich die Arbeitsqualität im Einkauf sicherstellen. 

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